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"Alfa Romeo muß seinen Markt verbreitern"
Hier ein Bericht aus der Frankfurter Allgemeine.
Klingt echt positiv, aber ob sich wirklich was ändern wird? Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.02.2005, Nr. 46, S. 20 Unternehmen Das FAZ-Gespräch mit Karl-Heinz Kalbfell "Alfa Romeo muß seinen Markt verbreitern" Mit dem Marketingchef von Alfa Romeo und neuen Mann an der Spitze von Maserati sprach Tobias Piller Der Mythos "Alfa Romeo" ist Karl-Heinz Kalbfell schon immer aufgefallen. Auch in all den Jahren, in denen er sich bei BMW mit Markenstrategien befaßt hat. "Das ist wie mit der katholischen Kirche: Wenn sich dort ein Pfarrer nicht gut benimmt, ziehen die Leute auch nicht gleich die Kirche selbst in Zweifel. So ähnlich ist das mit Alfa Romeo, und zwar nicht nur in Italien, sondern sogar in Amerika", beschreibt Kalbfell das Phänomen. Mochten also manche Erfahrungen noch so enttäuschend gewesen sein, es blieb der Traum und das Image des Alfa Romeo als Inbegriff des sportlichen italienischen Autos. Untermauert werde das Image auch noch durch herausragende technische Leistungen und Innovationen, behauptet Kalbfell. Auf Kalbfell, der sich zum ersten Mal seit seinem Wechsel zum Fiat-Konzern äußert, konzentrieren sich nun die Hoffnungen in der verlustträchtigen Autosparte von Fiat, nachdem der Konzernchef Sergio Marchionne vorige Woche den Österreicher Herbert Demel als Chef von Fiat Auto entlassen hat. Kalbfell ist sich dieser Rolle bewußt, insbesondere beim Blick auf die Verkaufszahlen. Regelrecht schockiert sei er gewesen, als er sich vor seinen Gesprächen in Turin die Verkaufszahlen von Alfa Romeo besorgt hatte. Mit rund 185 000 verkauften Autos in fünf Baureihen schaffte die Marke 2004 gerade einmal soviel Absatz wie die BMW-Marke "Mini" mit einem einzigen Modell. Deshalb formuliert Kalbfell gegenüber dieser Zeitung ein ehrgeiziges Ziel: "300 000 verkaufte Autos wären ein guter Orientierungspunkt. Alfa Romeo könnte ein gesundes Geschäft werden." Seine erste Aktion nach dem Amtsantritt im Januar? "Ich habe unrentable Projekte sofort gestoppt", sagt Kalbfell. Die Frage, die er den Mitarbeitern stelle, sei ganz einfach, sagt er, malt einen großen Querstrich auf ein weißes Blatt und ein Fragezeichen darunter: Maßgeblich sei immer der Gewinn. Ohne daß dabei einzelne Modelle genannt werden, kann das bedeuten, daß Prestigeobjekte wie der schöne Sportwagen mit 300-PS-Maserati-Motor von der Frankfurter IAA 2003 oder aber manches Projekt für neue, besonders schnelle "GTA"-Versionen von Alfa Romeo damit vorerst keine Zukunft mehr haben. Entscheidungen dieser Art zu vermitteln dürfte einem Ingenieur wie Kalbfell, der sich immer dem Verkaufen gewidmet hat, leichter fallen. Denn Kalbfell setzt sich gern mit Ingenieuren zum Fachsimpeln ins Auto. Sie muß er davon überzeugen, daß sie mit manchen wunderschönen Dingen ihrem Unternehmen mitunter nicht helfen, und ihre Energie vielleicht eher für manche kleine Verbesserung gebraucht werde. Das Wort "tedesco" - "deutsch" sei dabei mit einer ganzen Welt von Vorstellungen verbunden, sagt Kalbfell. Dennoch zeigt er keine Probleme damit. Schließlich fühlt er sich, wie er sagt, wohl damit, daß der Chief Executive des Konzerns und der Autosparte, der Italo-Kanadier Sergio Marchionne, ähnlich handele, indem er gut zuhöre und delegiere, aber auch schnelle Entscheidungen wünsche. Nicht das lange Herumreden, sondern "Klartext" sei nun das Motto in Turin, sagt Kalbfell und setzt sich damit ab von der gerade bei Fiat lange gewachsenen Tradition feinsäuberlich abgewogener Diplomatie und Bürokratie. Wenn Kalbfell von klaren Entscheidungen spricht, vom Weitertragen der Botschaften bis zum Monteur am Band, oder vom Vertrauen auf die Talente der Mitarbeiter, dann propagiert er genau das Gegenteil von dem, was jahrzehntelang die Realität im Fiat-Konzern ausmachte: starre Hierarchien, einsame Entscheidungen von ganz oben und mittlere Manager, die möglichst wenig Verantwortung übernehmen wollten und vieles nach oben weiterreichten. Die Wünsche nach einer rundum erneuerten Idealvorstellung von "Alfa Romeo" dämpft Kalbfell dennoch. "Wir brauchen keine große akademische Analyse, keinen großen Traum, um danach festzustellen, daß auf dem Boden der Tatsachen niemand arbeitet", sagt Kalbfell. Statt langer Präsentationen mit dem bunten "Powerpoint"-Programm und langatmiger Ausreden fordert Kalbfell nun erst einmal, daß für die Marke Alfa Romeo Schritt für Schritt die Grundarbeiten erledigt werden. "Die kennt jeder, die sind aber nicht immer so beliebt", lautet die Begründung. Kalbfell übt sich am liebsten in einfachen Standardfragen wie: "Wie viele Händler haben Sie heute gesehen?" Alfa Romeo sei bisher nur in Italien gut vertreten, "doch Italien ist nicht Europas größter Automarkt". Darüber hinaus gebe es nur noch in Frankreich oder Belgien einigermaßen zufriedenstellende Ergebnisse. In anderen europäischen Ländern, etwa in Deutschland mit einem Marktanteil von 0,5 Prozent, müsse das Potential der Marke erst noch ausgeschöpft werden. Erst in einem zweiten Schritt könne sich Alfa Romeo das "gloriose Image" in Asien zunutze machen oder an einen Marktstart in Amerika denken. Während bei Fiat früher viele Marketingentscheidungen von den obersten Chefs nach Gutdünken getroffen wurden, meint Kalbfell nun, man müsse weg vom "individuellen Bauchgefühl". Zur Problemdiagnose und zum Aktionsprogramm von Kalbfell gehört auch der Satz, daß "der Lebenszyklus der Produkte besser betreut" werden müsse. Während die leitenden Mitarbeiter des Fiat-Konzerns traditionell nach einem Jahr ihr Auto wechseln, testet Kalbfell mit Vorliebe ältere Alfas, die schon zwei Jahre gelaufen sind. Das sei viel besser vergleichbar mit dem Erleben der Kunden. "Und wenn mir dann ein Ingenieur sagt, da kann nichts klappern, zeige ich ihm die Stelle und sage: da klappert's". Von BMW gewohnt, daß bis zuletzt an allen Modellen gefeilt wird, findet er nun bei Alfa Romeo, daß manche Modelle wie die große Limousine "166" einfach "vergessen" worden seien. Zu lange habe man sich auch darauf verlassen, daß es in einem engen Kreis von Fans eine besondere Markentreue gebe. "Die Verkäufer verlangen einfach immer ein neues Auto, aber ihr Job ist erst einmal das Verkaufen der existierenden Produkte", meint Kalbfell. Der Umstand, daß selbst in Italien das Kompaktmodell "147" nicht so viele Käufer finde wie der Opel Astra, zeige zudem Fehler in der Marktpositionierung. "Wenn man sich zu exotisch gibt, dann beschränkt man sich unnötig", meint der oberste Alfa-Verkäufer. "Der Name Alfa Romeo darf nicht die Oma abschrecken, die ihrem Enkel ein Auto kaufen will, aber dann sagt, sie wolle schließlich auch noch mitgenommen werden". Statt nur der Assoziation an die Nordschleife des Nürburgrings brauche Alfa Romeo zusätzlich einen konservativen Touch, der das sportliche Gefühl erhalte, aber eine viel größere Kundengruppe anspreche. "Ich liebe unsere Alfisti, doch müssen wir Schritt für Schritt neue Kunden dazugewinnen." Der neue Mittelklasse-Alfa namens "159", der in wenigen Tagen auf dem Genfer Autosalon vorgestellt wird, hat nach Meinung von Kalbfell schon diese neue DNA mitbekommen, mit einer besonders steifen Karosserie, die dann eine besonders gute Feinabstimmung der Straßenlage ermögliche, nach Kalbfells Lieblingsrezept: "straff, aber nicht unkomfortabel". Dazu werde aber noch Platz geboten wie in einem Auto für Geschäftsreisen, mit technischen Leckerbissen, die bisher niemand von Alfa Romeo erwartet habe. Daß er nun mit Alfa Romeo in eine komplizierte Matrixorganisation bei Fiat Auto eingebunden ist und andererseits bei Maserati den alleinigen Chef spielen soll, findet Kalbfell weder außergewöhnlich noch problematisch. "Titel habe ich früher schon genug gehabt, wichtig ist es, mit der Entwicklung der zwei Premium-Marken voranzukommen". Zwar gelte das Prinzip, "Alfa Romeo ist Alfa Romeo" und "Maserati ist Maserati". Doch sei es für Maserati in der derzeitigen Kostensituation sinnvoll, weiter zu wachsen. Zudem habe diese Marke mit dem "Quattroporte" ein einzigartiges Identifikationsmodell, weil kein anderer Nischenhersteller eine viertürige, luxuriöse Sportlimousine anbiete. Aus dieser Identität könnten sich neue Perspektiven ergeben. Ob dies bedeute, daß eine künftige große Alfa-Limousine als Schwestermodell zu einem kleineren Maserati entwickelt wird, will Kalbfell nicht sagen. Im Moment drehe sich alles nicht um Auto-Plattformen, sondern nur um Module. Daß in früheren Jahren der Name Maserati gerade durch Billigmodelle mit halbem Preis und miserabler Qualität beschädigt wurde, kümmert Kalbfell nicht: "Wenn ich Historiker wäre, würde ich im Museum arbeiten." Auch der Ruf von Alfa Romeo, vor 30 Jahren beschädigt vom Rost, sei nur so lange ein Problem, wie nichts dagegen getan werde. "Marchionne meint zu so etwas ganz richtig: Dann ändert es eben." Fortsetzung folgt.............
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Alfa, emozioni uniche |